Sonntag, 15. August 2010

Die Zwangsbebilderung

Neuerdings darf es auf den Websites der verschiedenen Tageszeitungen der belgischen Sudpresse-Gruppe offenbar keine Artikel mehr ohne Bild geben und so, wie es scheint, gibt es mittlerweile Stock-Fotografen, die ganze Archive für solche Fälle schaffen.

Kein Bild vom Überfall auf ein Zeitungslädchen? Voilà. Schon sieht man den Zeitungsverkäufer panisch in die Kamera blicken - im Vordergrund eine Hand mit einer Pistole.

Kein Bericht von Kindesmißhandlung ohne das ewig gleiche Bild eines kleinen Mädchens, das ängstlich in einer Ecke kauert. Eine zeitlang stand unter diesen Fotos dort, wo sonst der Name des Fotografen steht, der kurze Hinweis: Symbolbild.
Der ist jetzt auch verschwunden.

Völlig lächerlich wird es, wenn in La Meuse davon berichtet wird, daß morgens um vier in Sclessin ein Haus abgebrannt ist, und das Bild Löscharbeiten am hellichten Tag zeigt. Hier hat man sich bei einer Bilderserie bedient, die der eigene Fotograf letztens bei einer Löschübung in Saint-Georges-sur-Meuse geschossen hatte.

Bei den beiden brennenden Autos in Lüttich vergangene Nacht muß der Brandort ebenfalls ziemlich nahe am Polarkreis gelegen haben, denn auch hier herrschte strahlender Sonnenschein. Das Bild stammt von einem Feuerwehrfest.

Sehr hübsch auch die Illustration zu einem Bericht, wo ein Verkehrspolizist von einem Autofahrer gebissen worden ist. Auch dort war La Meuse offenbar dabei.

Zum Schluß noch die Moritat von dem betrunkenen Jugendlichen, der auf offener Straße in Namur mehrere Schüsse aus einer Schreckschußpistole abgegeben hat. Sowas gehört natürlich unbedingt mit Bild in die Zeitung. Bildunterschrift: photo prétexte. Ein prétexte ist laut Wörterbuch eine Ausrede oder ein Vorwand.

Was soll der Quatsch?

Keine Kommentare: