Sonntag, 18. Dezember 2011

Seafrance: Die Stimmung kippt



Am Montag entscheidet das Handelsgericht in Paris, wie es mit der Seafrance weitergeht. Alles deutet auf eine Liquidation hin.


Und, siehe da, plötzlich mehren sich die Stimmen in der Belegschaft, daß die Taktik der CFDT vielleicht doch reichlich dämlich war. Sollte es am Ende doch keine gute Idee gewesen sein, sich nacheinander mehreren Sanierungskonzepten zu verweigern, die zwangsläufig für die Belegschaft immer härter ausfallen mußten? Wäre es etwa doch klüger gewesen, sich auf das letzte Angebot von LDA/DFDS einzulassen, bei dem immerhin 620 der noch vorhandenen 800 Arbeitsplätze gerettet worden wären und garantiert werden sollte, daß die Schiffe auf unbegrenzte Zeit unter französischer Flagge bleiben sollten? Stattdessen hatte die CFDT es vorgezogen, erst garnicht zum Gespräch zu erscheinen.

Bei einer Betriebsversammlung am Freitag in Calais ist es nach einem Bericht der Voix du Nord hoch hergegangen. Jetzt, wo ihnen das Wasser bis zum Hals steht, werden es auch in der Belegschaft immer mehr, die die CFDT als den wahren Schuldigen des bevorstehenden Endes erkennen.
Schon vergangene Woche hatte sich ein CFDT-Vertreter aus dem Vorstand der SNCF an seine Kollegen bei der Seafrance gewandt, um sie zum Einlenken zu bewegen. Leider ohne Erfolg. Alles zu wenig, alles nicht gut genug, und wenn vielleicht doch, dann alles nicht wahr, so die Gewerkschaftler in Calais.

Von einem Entgegenkommen der DFDS, statt 450 etwa 620 Arbeitsplätze zu erhalten, wollen sie nie etwas gehört haben. Kein Wunder. Sie waren ja nicht da.
Und überhaupt: "Alles Propaganda. Und wenn es dieses Angebot jemals gegeben hätte, dann hätten wir es nicht akzeptiert, und die Beschäftigten, glaube ich, auch nicht." Originalton Didier Cappelle, CFDT Maritime Nord.

Das muß man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Wir nicht, und die Beschäftigten vielleicht auch nicht. Auf die Idee, sie zu fragen, ist er nicht gekommen. So etwas nennt man wohl Größenwahn.


Sein Kumpan Eric Vercoutre setzt noch einen drauf: "Wo haben Sie Sie von diesen 620 Stellen gelesen? Im Spirou?" fragt er den Vertreter der SNCF. Der Spirou ist ein französisches Comicblättchen für Kinder und Jugendliche.
Marc Sagot von der Gewerkschaft CGT sieht das längst anders. Für ihn ist das Ende der Seafrance "nicht nur ein Staatsskandal, sondern auch ein Gewerkschaftsskandal." Diejenigen, die den Beschäftigten vor drei Jahren erklärt hätten, alles sei in Ordnung, es werde keine Entlassungen geben und sie wären eine Mauer, an der niemand vorbeikäme, hätten das alles nur beschleunigt.

Das besagte Angebot mit den 620 Stellen und der Garantie gegen das Ausflaggen ist offenbar das Angebot, das DFDS daraufhin am 12. Dezember beim Gericht nicht mehr abgegeben hat.

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