Donnerstag, 9. April 2015

MFL: Showdown in Calais

Bevor wir zu den aktuellen Ereignissen kommen, wäre wohl, wie in jeder endlosen Saga, eine kurze Zusammenfassung der Vorgeschichte hilfreich. Keine Sorge, es wird bei weitem nicht so zungenbrecherisch wie mit Lord und Lady Hesketh-Fortescue of North Cothelstone Hall in dem berühmten Sketch von Loriot, aber ein paar Namen sollen trotzdem in Erinnerung gerufen werden.  

Da sind zum ersten die Herren Cappelle und Vercoutre, unsere beiden Ober-Rambos von der Gewerkschaft Nord Maritime. Cappelle ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der SCOP Seafrance, die im Auftrag der Eurotunnel-Gesellschaft die Schiffe von My Ferry Link betreibt, und die Herren Giguet und Doutrebente sind die Direktoren der SCOP. Ein weiterer wichtiger Akteur ist Jacques Gounon, der Direktor von Eurotunnel, denen die Schiffe gehören.

Heute hat Cappelle die beiden Direktoren der SCOP zu einer Sitzung des Aufsichtsrats am nächsten  Montag einbestellt. Es geht um nichts geringeres als deren Entlassung. Das ist nicht der erste Versuch von Cappelle, sie loszuwerden. Er hatte schon vor Jahren eine Personalagentur per Anzeige nach Ersatzkandidaten suchen lassen. 

Was Cappelle damit riskiert, hat Eurotunnel schon vor längerer Zeit unmissverständlich klar gemacht. Der Vertrag mit der SCOP sei laut Gounon unter der Bedingung geschlossen worden, dass Giguet deren Direktor bleibt. Dessen Absetzung würde zur sofortigen Kündigung dieses Vertrags führen - die SCOP hätte keine Schiffe mehr.

Was das ganze soll? Cappelle hat seit dem Ende der Seafrance nicht mehr den Einfluss, den er vorher hatte, denn über die Führung der SCOP bestimmen deren Direktoren. Das passt ihm schon länger nicht mehr. Außerdem hat der Aufsichtsrat in der Person von Cappelle selbst ein Übernahmeangebot für MFL vorgelegt. Ohne einen Pfennig an Finanzierung, versteht sich. 

Offenbar versucht er nun, das Unternehmen - wie seinerzeit die Seafrance - vor die Wand zu fahren, um so den lästigen Vorstand loszuwerden und anschließend selbst die Kontrolle zu übernehmen. Ihm schwebt eine Gesellschaft mit staatlicher und privater Beteiligung, eine sog. Société d'Economie Mixte (SEM), vor. Dazu braucht er die Politker - und in Frankreich stehen in einigen Monaten die Wahlen in den Regionen an. Außerdem hat Cappelle damit allen anderen Übernahmekandidaten - die ja letztlich seine Konkurrenten sind - wieder einmal klar gemacht, dass er zu Allem bereit ist, um eine Übernahme zu verhindern. Auf diese Weise hatte er nach dem Ende der Seafrance bereits DFDS vergrault.

Der Vorstand ist erst einmal in die Defensive gegangen und hat für Morgen (Freitag) beim Gericht in Boulogne-sur-Mer eine Verhandlung beantragt, um die SCOP unter ein gerichtliches Schutzverfahren zu bringen, das es dem Aufsichtsrat unmöglich machen würde, ohne Zustimmung des Gerichts den Vorstand zu entlassen.

Es wird auf jeden Fall wieder richtig spannend.

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